Mathe-Begeisterung und Familiengeheimnisse – Nikola Huppertz liest aus ihrem Jugendroman „Schön wie die 8“

Kann man sich gleichzeitig für Mathematik und Gedichte begeistern? Und ob! Das bewies Nikola Huppertz am 14. November 2025 im Theatersaal des SAG mit der Lesung ihres Jugendromans „Schön wie die 8“ auf beeindruckende Weise und schlug die Schülerinnen der Stufe 7 dabei so in den Bann, dass die Fragen im Anschluss gar kein Ende nehmen wollten. Im Wechsel von unterhaltsam erzählten Zusammenfassungen und gelesenen Passagen aus dem Roman ließ die Autorin ihre Zuhörerinnen in die Welt des 12-jährigen Mathe-Fans Malte eintauchen, der, getragen von einem harmonischen und scheinbar konfliktfreien Elternhaus, all seinen Ehrgeiz in die Teilnahme an der Mathe-Olympiade steckt. Seine einzige Sorge ist, dass das neue Mädchen im Mathe-Club, die gleichaltrige Lale von der ISG, ihm den Sieg rauben könnte. Doch sein ruhiges Leben gerät von einem Tag auf den anderen aus dem Takt, als plötzlich seine fünf Jahre ältere Halbschwester Josefine in die Familienidylle einbricht, weil ihre Mutter nach einer Krebsbehandlung eine Reha macht und während dieser Zeit nicht für sie sorgen kann. Mit ihrer schlechten Laune, ihren Piercings und ihren respektlos kritischen Äußerungen macht sich Josefine nicht nur in der Schule unbeliebt, sondern lässt auch den Familienfrieden implodieren. Durch sie erfährt Malte schließlich, dass seine Eltern nicht so großartig sind, wie er bisher glaubte, und entdeckt ein Tabu aus der Zeit vor seiner Geburt. Doch in der Krise, in die Malte damit stürzt, zeigt Josefine ihre andere Seite. Sie tröstet ihn, beantwortet seine Fragen und zeigt ihm sogar ihre eigene Verletzlichkeit, indem sie ihn ihre selbstgeschriebenen Gedichte lesen lässt. Und mehr noch: Durch sie verändert sich auch sein Blick auf Lale…
Dass die Schülerinnen Nikola Huppertz sogar in den längeren Lesepassagen gebannt folgten, liegt sicher auch an der besonderen literarischen Qualität ihres Textes. Obwohl sie seit ihrer Kindheit Beobachtungen über die Welt und sich selbst notierte und dabei ihre Wahrnehmung schulte, studierte sie bezeichnenderweise erst Violine und Psychologie. Erst spät entschloss sie sich dazu, aus dem Schreiben ihren Beruf zu machen, und schrieb mit 31 Jahren ihren ersten Roman. Sowohl der musikalische als auch der psychologische Hintergrund erweisen sich dabei als echte Bereicherung für ihre Bücher: Jeder Charakter ist sensibel und facettenreich gestaltet, jede Person hat ihren eigenen Ton und darf eine psychologisch glaubwürdige Entwicklung durchlaufen. Ob es Malte ist, der schließlich entdeckt, dass der Sieg in der Mathe-Olympiade nicht alles im Leben ist, und am Ende sogar ein eigenes Gedicht schreibt, ob Josefine ihren Schutzwall aus Feindseligkeit und Provokation langsam durchlässig werden lässt und sich ihrem Halbbruder öffnet oder ob sogar die Eltern sich am Ende in einem psychologisch stimmigen heilsamen Streit den gemachten Fehlern stellen – das alles ist literarisch überzeugend gestaltet und dadurch sehr berührend.
Kein Wunder also, dass die Schülerinnen die Autorin nach der Lesung mit einer Vielzahl kluger Fragen bestürmten. Wie es mit Malte und Lale weitergeht, wurde natürlich nicht verraten. Dafür erfuhren sie aber viel über die Kunst des Bücherschreibens und -veröffentlichens und das Leben als Autorin. Überraschend war zum Beispiel, dass gerade der Roman „Schön wie die 8“, der heute zu Nikola Huppertz‘ am besten verkauften Büchern gehört, anfangs von ihrem Verlag abgelehnt wurde: Ein Buch mit einem mathebegeisterten 12-jährigen Jungen als Helden, nein, das würde sicher niemanden interessieren. Damit teilt sie interessanterweise das Schicksal von J. K. Rowling, deren Harry-Potter-Roman auch zunächst von mehreren Verlagen abgelehnt wurde. Gerade besondere Bücher, die nicht dem Mainstream folgen, scheinen es auf dem Markt nicht leicht zu haben. Die Schülerinnen aber nahmen daraus den ermutigenden Appell mit, dass es sich lohnt, dranzubleiben und nicht aufzugeben, wenn man von etwas überzeugt ist.
Mit dieser dritten Autorenlesung gehen nun für das SAG die Angebote des Bonner Lesefestes „Käpt‘n Book“ für dieses Jahr zu Ende — wir freuen uns schon auf die Neuauflage im nächsten Jahr.

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